Gruppe: NullOptik NullOptik

Vom Schülertheater zum semiprofessionellen Tanztheater 

1997 betrat die Theatergruppe NullOptik der Deutschen Blindenstudienanstalt erstmalig eine öffentliche Bühne. Damals bestand die Gruppe ausschließlich aus sehbehinderten und blinden SchülerInnen der Carl-Strehl-Schule. Gespielt wurde sowohl in alternativen Theatern als auch im Stadttheater. Im Jahr 2000 nahm NullOptik in Kooperation mit dem ACTeasy-Jugendtheaterclub an der Hessischen Kinder- und Jugendtheaterwoche in Marburg teil.
"Eine beeindruckende schauspielerische Leistung" urteilte der Intendant des Hessischen Landestheaters Marburg, Ekkehardt Dennewitz. 2001 gab es den ersten Hessischen Schultheaterpreis. Weitere sollten folgen. 2002 begann eine besondere Art der Integration. Viele aus der Theatergruppe verließen die Schule und begannen ein Studium doch sie blieben dem Theater treu. Es entstand eine einzigartige, eigenwillige Gruppenstruktur: Ehemalige und SchülerInnen der Carl-Strehl-Schule spielten zusammen und integrierten sehende StudentInnen. Mit "tempus fugit" entstand die erste Tanztheaterproduktion, mit der NullOptik über die Grenzen Hessens bekannt wurde. Sie heimste gleich mehrere Preise ein, spielte im Rahmenprogramm der Bad Hersfelder Festspiele und setzte Maßstäbe für Jugendtanztheater auf professionellem Niveau. Mit ihrem vorerst letzten Stück "Kleide mich in Liebe" verwandelte NullOptik den Marburger Kulturladen KFZ in eine Tangobar, spielte und tanzte mitten im Publikum und erhielt dafür einen Preis der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren (LAKs) Hessen. Doch für die meisten hieß es nun, Marburg den Rücken zu kehren und neue Wege zu gehen - NullOptik löste sich auf. Nun sind die SpielerInnen in alle Winde zerstreut, studieren oder arbeiten und manche tanzen weiter.

Doch die Bretter, die für NullOptik eine lange Zeit die Welt bedeuteten sind stabil, die Verbundenheit untereinander - trotz großer Entfernungen - noch immer sehr stark. So fanden sich drei aus der Gruppe erneut zusammen, um der Einladung zum Festival "Begegnung im Dunkeln" nach Bern zu folgen und erarbeiteten eigens dafür die Tanzperformance "VIER".

Das Thema ist Begegnung und Missverstehen, die theatralen Mittel sind Sprache und Verfremdung, Geräusch und Visualisierung, der experimentelle Tanz und das Spiel mit Licht und Schatten.

Dazu hat Volker Obert einen großartigen Text verfasst:

Wieder fliegen lernen ohne Blockade.

Feuervogel – wieder powern – Firestarter.
Von Außen schön anzusehen.
Von Innen verklebt.
Auf rund und eckig wurde nicht geachtet.
Der Tango ertönt schlecht aus dem Keller. Stop.
Ein ui, ein ei, ein ohhhh.
Vollkornnudeln sind out.

Einzelne Risse deuten die Spannung an.
Bis zum Zerreißen gespannt platzt der Raum,
reisst die Fessel, zerspringt der Käfig.

Lass´ es sein.
Da gibt es diejenigen die sagen nein.
Doch wer verspricht mir, dass es aufhört,
wenn ich wein?!
Hört auf damit,
es gibt nicht dieses Nein.
Lasst es sein.

...reist die Fessel, zerspringt der Käfig!
Endlich Platz, endlich breit, endlich weit.
Unendlichkeit.

Es folgt Folgenschweres.
Kaum die Freiheit erkannt sucht Bewegung sich Raum.
Der kleine Teil löst großes aus.
Der kleine Teil macht sich einen Spaß daraus.
Führt, dreht, hüpft, kickt, knackt, kippt und wippt.
Endlich raus; mach was draus.
Man kommt ganz schwer hoch, wenn man erst mal liegt.

Wieder fliegen wollen ohne Blockade.

 

"VIER" war außerdem eingeladen nach Berlin zum Festival "Transvisuelle Dramatik".


Berner Zeitung, 31.05.2008:

Tanztheater der besonderen Art... eindrucksvoll, verstörend. (...) Die ungewöhnlichen visuellen Mittel und die kongeniale Musik machen das Stück zu einem Erlebnis der Sinne.

Ungewohnt, also irgendwie ganz anders. Aber man muss es gesehen haben!

Zuschauerin in Bern

Mitwirkende:

Regie: Karin Winkelsträter

Bühne: Karin Winkelsträter

Technik: Karin Winkelsträter

Fotos: Karin Winkelsträter

Choreografie: Charlotte Wolff und Karin Winkelsträter

Bühne, Kostüme, Technik: Karin Winkelsträter

Schauspielende:

Charlotte WolffHakan YücelVolker Obert